4.4.2020, 23.43 Uhr: Erste Feuerkugel-Aufnahme mit unserer Meteorkamera

Text: M. Winkhaus, Fotos: Schülerlabor Astronomie

Das Projekt zum Bau einer funktionierenden Meteorkamera an unserer Sternwarte dauert schon über 10 Jahre und jetzt endlich haben wir die erste Spur eines Meteors am Nachthimmel (eine sog. Feuerkugel) gesichtet. Am 4.4.2020 registrierte unsere Kamera mit der offiziellen Bezeichnung EN60 des Europäischen Feuerkugelnetzes um 23.43 Uhr (MESZ) ziemlich genau im Norden (im Bild knapp über unserer Sternwartenhütte) eine deutliche, grünliche Meteorspur.

Wodurch kommt eine solche Leuchterscheinung zustande?

Eine solche Leuchterscheinung wird von einem Meteoroiden erzeugt, die wie Asteroiden die Sonne umkreisen mit Bahnen, die meistens zwischen Mars und Jupiter verlaufen. Während Asteroiden größer als 10 m im Durchmesser sind, sind Meteoroiden deutlich kleiner. Durch Stöße untereinander können Asteroiden und Meteoroiden aus ihrer Bahn abgelenkt werden und fliegen dann manchmal zur Erde, dringen in unsere Atmosphäre ein und verursachen eine Leuchterscheinung am Himmel. Wenn es sich um sehr kleine Körper handelt, werden sie als Sternschnuppen bezeichnet, aber wenn er größer ist und die Leuchterscheinung heller als der Planet Venus am Nachthimmel erscheint, dann sprechen wir von einer Feuerkugel (oder einem Feuerball). Und genau einen solchen Feuerball hat unsere Meteorkamera am 4. April aufgezeichnet. Wenn man sich unser Bild genau ansieht, dann sieht man ein mehrfaches helles Aufleuchten und am unteren Ende der Leuchtspur wechselt die Farbe in ein gelb-orange. Dort kann man deutlich erkennen, dass der Meteor in mind. zwei Teile zerbrochen ist. Es liegt also die Vermutung nahe, dass der Feuerball während seines Fluges durch die Erdatmosphäre explodiert und in mehrere Teile zerfallen ist. So etwas bezeichnet man dann als Bolide. Wegen der ausgesprochen hohen Helligkeit darf man annehmen, dass es Teile dieses Meteoroiden gibt, die den Höllenflug durch die Erdatmosphäre überstanden haben und auf die Erdoberfläche gefallen sind. Wenn man dann einen solchen Überrest findet, besitzt man einen Meteorit. Sie sind von hohem wissenschaftlichen Wert, da sie das erste Material sind, das sich vor ca. 4,6 Milliarden Jahren im frühen Sonnensystem gebildet hat. Man schaut also auf die Urmaterie des Sonnensystems.

Was genau verursacht nun die Leuchterscheinung am Himmel?

Beim Aufprall und Eindringen des Meteoroiden in die Erdatmosphäre mit einer sehr hohen Geschwindigkeit (typischerweise zwischen 20 und 70 km/s) verdichtet sich die Luft vor ihm extrem und heizt sich dadurch stark auf. Das Licht des Meteors ist nun das Ergebnis der Verdampfung von Materie des Meteoroiden als auch der umgebenden Luftmoleküle. Die Farbe sagt uns etwas über das Material des Meteoroiden: Das hier beobachtete blau-grüne Licht ist z.B. typisch für Kupfer.

Nun sieht man auf unserem Bild noch deutlich, dass die Bahn der Feuerkugel zerhackt ist. Warum ist das so?

Wir haben vor der Öffnung unserer Meteorkamera einen sog. „Shutter“ (siehe Bild) angebracht, den man sich wie einen Rotor mit zwei Flügeln vorstellen kann. Er rotiert mit 15 Hz, so dass damit das langzeitbelichtete Bild unserer Kamera 30mal pro Sekunde unterbrochen/verdeckt wird.

Wir können also mit ziemlicher Genauigkeit sagen, dass der Feuerball auf unserem Bild ca. 1 Sekunde mit dieser Helligkeit am Himmel zu sehen war (man zählt ca. 30 Lücken). Wenn man nun mit Hilfe von Aufnahmen mehrerer solcher Meteorkameras die Entfernung des Meteors von unserer Sternwarte bestimmt, kann man mit Hilfe dieser Zerhackung nun die Geschwindigkeit des Meteors berechnen. Da der Meteor erst später im Dunkelflug stark abgebremst wird, entspricht diese Geschwindigkeit beim Leuchtflug praktisch der Eintrittsgeschwindigkeit des Meteoroiden in die Erdatmosphäre und damit seiner kosmischen Bahngeschwindigkeit am Ort der Erde. Diese sog. Keplergeschwindigkeit gehört zu einer ganz bestimmten Umlaufbahn um die Sonne, so dass man anhand einer solchen Geschwindigkeitsbestimmung die Bahn des Meteoroiden bestimmt und somit feststellen kann, wo er hergekommen ist. Im Falle des zugehörigen Meteoritenfundes weiß man also nicht nur, dass man außerirdisches Gestein in den Händen hält, sondern kann auch genau sagen, aus welchem Bereich im Sonnensystem er stammt.

Wer hat unsere Meteorkamera gebaut und welche Schüler waren und sind noch an diesem Projekt beteiligt?

Die Geschichte unserer Meteorkamera ist schon mehr als 10 Jahre alt. Im Jahr 2007/08 baute unsere Schülerin Sophia Haude eine damals noch mit analoger Kamera ausgestattete Meteorkamera und erreichte wunderbare Erfolge bei Jugend forscht (sogar in zwei Bundesländern). Sie studierte nach ihrem Abitur Physik mit Schwerpunkt Astrophysik in Heidelberg und promoviert heute in Berlin.

Sophia Haude mit der Meteorkamera auf unserer Sternwarte
Sophia Haude bei Jugend forscht 2008

Eine weitere Schülergruppe (Niels Wörheide und Karlo Wentzel) setzte ihr Projekt fort und tauschte i.w. die analoge Kamera gegen eine Digitalkamera aus und konnte erste Bilder per Fernauslöse aufnehmen. Und dann kam Lukas Pajak: Er arbeitet jetzt über zwei Jahre an einer weiteren Fortsetzung dieses Projektes und hat praktisch alle Komponenten ausgewechselt. Sein Ziel war die automatisierte Anfertigung von nächtlichen Aufnahmen mit Upload auf den Schulserver, so dass man an jedem Tag ab 9.00 Uhr den Film (bestehend aus vielen langbelichteten Einzelaufnahmen) der letzten Nacht sehen kann. Vielen Hürden waren zu überwinden, aber Lukas ließ nicht locker und heute (2,5 Jahre nach Beginn seiner Projektarbeit) läuft alles sicher und zuverlässig. Auch er erreichte mit der Automatisierung der Meteorkamera einen Regionalsieg bei Jugend forscht und Sonderpreise beim NRW-Landeswettbewerb in Leverkusen. Er machte im Jahr 2019 sein Abitur und studiert heute an der TU Darmstadt im 2. Semester und kümmert sich aber immer noch um sein Projekt.

Lukas Pajak bei Jugend forscht 2019

Auf unserer Homepage des Schülerlabors Astronomie finden Sie das Video der jeweils letzten Nacht hier:  https://www.schuelerlabor-astronomie.de/meteorkamera/

Sie können sich vorstellen, wie groß unsere Freude war, als wir unsere erste Meteorspur auf einem unserer Bilder vom 4.4. gefunden haben und damit also nachweisen, dass eine Meteorkamera als Schülerprojekt durchaus einen professionellen Beitrag zum Feuerkugelnetz liefern kann.

Haben wir eine Chance, den vom Himmel gefallenen Meteoriten zu finden?

Leider kaum … es gibt Augenzeugen und weitere Aufnahmen der Feuerkugel, die in der ersten Auswertung die Vermutung zulassen, dass der Meteorit evtl. in der Nordsee gelandet ist. Eine Übersicht aller Augenzeugen und Berichte findet man hier (die offizielle Bezeichnung dieses Events ist 2020/1587):

https://fireballs.imo.net/members/imo_view/event/2020/1587

Es gibt auch eine recht schöne zufällige Filmaufnahme von einer WebCam, die sehr schön den Flug unserer Feuerkugel zeigt. Der Standort der WebCam ist Hoevelaken in den Niederlanden.