Artikel und Fotos von H. Jülicher-Böker
„Der 66. Europäische Wettbewerb will dazu beitragen, dass Kritiker wie Befürworter des europäischen Projektes zu Wort kommen. „YOUrope – es geht um dich!“ – das Motto ist eine Einladung an Schülerinnen und Schüler in Deutschland, sich aktiv für die Zukunft Europas einzusetzen.“ (https://www.europaeischer-wettbewerb.de/teilnahme/thema-des-66-ew/)
Wir freuen uns sehr, dass Julius Chur, Torben Huppertsberg, Hendrik Tackenberg und Henri Wagner diese Einladung angenommen und sich auf kreative Art mit der Bürgschaft von Schiller auseinandergesetzt haben. Diese gestalteten sie zu einem Wahlaufruf zur Europawahl um, eine ungewöhnliche Idee, die mit einem Landespreis (3. Platz) beim Europäischen Wettbewerb für die Gruppe belohnt wurde. Herzlichen Glückwunsch!
Den Wettbewerbsbeitrag „Die Bürg(er)schaft“ finden Sie hier.
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Im Folgenden erklären Henri und Hendrik, wie sie auf diese überraschende Idee gekommen sind:
Die Wahlbeteiligung der Europawahl 2019 lag in Deutschland nach Berechnungen von Infratest Dimap bei ca 61%, knapp 12% über der letzten Wahlperiode. Überraschend, schreibt die „WELT“. Doch ist es wirklich so überraschend? Und was hat Schiller damit zu tun?
Der Kontext unseres Projektes war simpler Abstammung. Es war eine Schulaufgabe. Das Geheimnis bei Schulaufgaben ist jedoch sich stetig einzureden, es sei mehr als eine bloße Schulaufgabe, die man da gerade bearbeitet, und so auch hier. Die Aufgabe war die des europäischen Wettbewerb, sich nämlich eines Projektes anzunehmen, das in direkter oder indirekter Weise mit Europa in Verbindung stand, in unserem Fall mit den zu diesem Zeitpunkt noch bevorstehenden Wahlen. Also überlegten wir, wer sind die Nichtwähler und wie spricht man sie an. Zuerst hatten wir die Idee, dass wir fiktive Personen erstellen, deren Gründe nicht wählen zu gehen so fundamental richtig scheinen, sodass der Leser stutzt und anfängt zu denken und hat man das geschafft, so dachten (oder denken) wir, dann hat man eine/n Wähler*in gewonnen. Nur blieb die Idee eine Idee, und kein Umsetzungsversuch wollte dieser gerecht werden. Doch diese Hindernisse, welche einen von der demokratischen Partizipation abhalten, führten uns zu einem Klassiker, in der zahlreiche dieser für ein höheres Gut überwunden werden: „Die Bürgschaft“ von Friedrich Schiller. Wir entschieden diese umzuschreiben, weil nichts anderes unseren Größenwahn stillen konnte. Des Weiteren dachten wir, dass dem/der Nichtwähler*in ein gewisser Trotz einher geht, also müssen wir ihn/sie beeindrucken bis er/sie vor seiner selbst und uns einknickt, und anfängt zu (über-)denken, und somit zu wählen beginnt.
Nach etlichen Stunden der konzentrierten Arbeit, der Suche nach Schiller-freundlicher Klangfarbe, nach Wörtern, die das Bedrängnis der Verantwortung und die Fesseln der Bequemlichkeit schildern und so fassbar machen, dass auch der letzte uninteressierte Geist der Demokratie davon ergriffen wird, war es dann endlich soweit. Ein Werk war geschaffen, das sich vor dem Original nicht nur nicht verstecken muss, sondern dieses in allen Facetten anzugreifen scheint.
Und unser Konzept scheint Früchte zu tragen. Über die erfolgreiche Teilnahme am Europäischen Wettbewerb hinaus stieg die Wahlbeteiligung in Deutschland stark an. Komisch, dass ich noch keinen auf der Straße getroffen habe, der die Bürgerschaft kannte…