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von Marcus Roth

Anfang Oktober 2015 erreichte das CFG die Nachricht, dass wir Zuwachs bekommen werden: 18 Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichsten Ländern und verschiedenen Altersstufen sollten bei uns beschult werden. Frau Windgasse und Frau Brill erklärten sich sofort bereit, die anfallenden Arbeiten zu übernehmen, die z.B. darin bestanden, Elterngesprächen mit Dolmetschern für die Sprachen Arabisch, Rumänisch, Russisch, Polnisch, Dari, Albanisch, Ukrainisch, Griechisch, Italienisch, und Kroatisch zu führen.

Bis Ende Oktober fanden dann die 11-17 jährigen Schülerinnen und Schüler, die die deutsche Sprache nicht beherrschten, ihren Weg an das CFG. Komplettiert wurde die sogenannte „IK“ („Internationale Klasse“) mit dem Zuwachs von Herrn Roth, dem zukünftigen Klassenlehrer. Ohne besondere Vorkenntnisse im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ oder dem Umgang mit z.T. traumatisierten Kindern begann die Arbeit getreu dem Motto „Learning by doing“.

Das Trio wurde dabei tatkräftig von weiteren Lehrkräften, ehrenamtlichen Mitarbeitern und einer studentischen Hilfskraft ergänzt, sodass differenzierter, auf das altersniveau angepasster Unterricht stattfinden konnte. Selbst Mathematikunterricht wurde erteilt.

Besonderheiten ergaben sich – je nach Sprach- und Kulturraum – bei mathematischen Operationen, dem für ‚uns‘ normalen Schriftzeichen (und dem Schreiben von links nach rechts!) oder dem grundsätzlich in Deutschland handlungsorientierten Unterricht. Viele Schülerinnen und Schüler waren bisher nur Frontalunterricht gewöhnt, sodass neben der Vermittlung von Sprachkenntnissen auch kulturelle Aspekte und ‚Schule‘ im Allgemeinen erlernt wurde.

Sehr schnell war zu erkennen, dass ein gleichschrittiger Unterricht keine dauerhafte Lösung sein kann, da die Muttersprachen in ihrer Struktur so verschieden sind, dass z.B. das Erlernen von Artikeln unterschiedlich schnell erfolgt. Exemplarisch sei an dieser Stelle vermerkt, dass einige Muttersprachen keine Artikel verwenden, andere wiederum zwar ein Artikelsystem kennen, aber die Artikel im Genus nicht mit denen der deutschen Sprache übereinstimmen. Gleiches gilt analog für den Satzbau, die Konjugation … und eigentlich alles rund um Sprache.

Durch die enorme Unterstützung aller Beteiligten und der großen Bereitschaft unserer Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangsstufen Q1 und Q2 konnte so sehr individuell gearbeitet werden, sodass die Schülerinnen und Schüler der IK in rasantem Tempo ihre Kommunikationsfähigkeiten ausbauen konnten. Die positive Folge war, dass wir bereits im Dezember damit begannen, die IK’ler in den Regelunterricht für wenige Stunden auszugliedern, um sie auch an den normalen Schulalltag – und vor allem den Unterricht in Deutschland – zu gewöhnen. Neben dem Spracherwerb waren die Kinder nun also noch vor weitere Herausforderungen gestellt: Das Verstehen von fachlichen Inhalten. Wer eine Sprache nicht beherrscht und nun auch noch fachlich arbeiten muss, dem wird viel abverlangt. So kam es, dass die Inhalte aus dem Ausgliederungsunterricht aufgearbeitet wurden, damit sich bei den Schülerinnen und Schülern nicht das Gefühl des Versagens einstellt.

Stellen Sie sich vor, sie müssten in einer Ihnen fremden Sprache Dinge erlernen, mit denen Sie vielleicht vorher noch gar nicht in Berührung gekommen sind. Das kann schnell zu Frustration führen.

Gleichzeitig stand aber weiterhin die Arbeit mit und an der deutschen Sprache im Fokus. Themen wie Weihnachten, Winter, Einkaufen, Familie, Freizeit etc. wurden bearbeitet, um den Kindern die Möglichkeit zu geben, alltagsnah Dinge zu erfahren.

Dennoch ergaben sich immer wieder Schwierigkeiten, da die Zusammensetzung deutlich heterogener ist als die einer Regelklasse. So blieben auch kulturell bedingte Konflikte nicht aus, was dazu führte, dass Herr Schiller in Absprache mit anderen Kollegen das Fach „Interkulturelles Lernen“ einführte.

Seither sind knapp 8 Monate vergangen. Der Besuch der Regelklassen hat sich bei den Schülerinnen und Schülern je nach Sprachniveau stetig erweitert, sodass wir bereits jetzt eine Schülerin haben, die in der Einführungsphase (EF) 15 Unterrichtsstunden besucht. Klassenarbeiten in den Fächern Mathematik, Deutsch, Englisch und Biologie werden meist mitgeschrieben, um die Kinder an ‚unsere‘ Prüfungssituationen zu gewöhnen und auch die Beziehung zu Schülerinnen und Schülern der jeweiligen Ausgliederungsklasse werden in den Pausen gepflegt.

Es bleibt nun an uns allen, den Kindern die Möglichkeit zu bieten, sich noch besser in den Regelunterricht einzufinden und eine vollständige Integration in das Schulleben und die Gesellschaft zu ermöglichen.

Der Text stammt aus dem Jahrbuch 2016.